KKTteam – Buchtipps

Buchtipps vom KKTteam

Kathrin Wegehaupt empfiehlt:

The Hearts’ Filthy Lesson
von Elizabeth Bear

in

Old Venus

Edited by George R. R. Martin und Gardner Dozois
Titan Books, London 2015
Roman

Kathrin empfiehlt diese Science Fiction Kurzgeschichte, weil sie eine schöne Charakterentwicklung aufzeigt, in einer Welt, in der schon seit langem mit patriarchalen Machstrukturen gebrochen wurde, da es nur kein „Geschlecht“ gibt und nur eine Bezeichnung: „Sie“. Und trotzdem – verbunden mit einer abenteuerlichen, archäologischen Suche auf einem tödlich-gefährlichen Planeten – die Protagonistin mit ihrer Emanzipation in der Gesellschaft, in ihrer Partnerschaft und vor allem auch vor sich selbst zu kämpfen hat.

Welcher Satz ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

“Nearly everything on Venus was named after female persons – historical, literary, or mythological – from Terra, from the quaint old system of binary and exclusives genders. For a moment, Dharthi considered such medieval horrors as dentistry without anesthetic, binary gender, and being stuck forever in the body you were born in, locked in and struggling against what your genes dictated. The trap of biology appalled her; she found it impossible to comprehend how people in the older days had gotten anything done, with their painfully short lives and their limited access to resources, education, and technology.”

Ghost: Jede Menge Leben
von Jason Reynolds

dtv Verlagsgruppe, Reihe Hanser, München 2018
Roman

Kathrin empfiehlt dieses Jugendbuch, weil es viel zu wenige Jugendbücher auf dem deutschen Buchmarkt gibt, welche die Perspektiven und den Alltag von diversen jungen Menschen aufzeigt.
Gleichzeitig ist es eine berührende und spannende Geschichte, ohne ins Kitschige abzudriften. 
Jason erzählt im Stil des jungen Protagonisten, so dass bei den Leser*innen das Gefühl entsteht, nicht über jemanden zu lesen, sondern mit jemandem zu erleben.

Welcher Satz ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?


„ „Castle Cranshaw“, sagte ich und verbesserte mich dann gleich: „Aber alle nennen mich Ghost.“ Mit allen meinte ich eigentlich: niemand außer mir. Das war mein selbst erfundener Spitzname für mich. Naja, so halb selbst erfunden. In der Nacht, in der Ma und ich in Mr. Charles Laden gestürmt kamen, hat er uns angeschaut, als wären wir zwei Gespenster. Als würde er uns nicht erkennen, wahrscheinlich, weil wir so fürchterlich verängstigt ausgesehen haben.“

Lisa Tuyala empfiehlt:

The collected poems of Audre Lorde
von Audre Lorde

W. W. Norton & Co. Verlag, New York 1997
Sachbuch

Lisa empfiehlt dieses Buch, weil Audre Lorde eine grandiose amerikanische Dichterin und wichtige Impulsgeberin für die Schwarze deutsche Bewegung war. Sie lehrte in den 80er Jahren an der FU Berlin und bezeichnete sich selbst als black lesbian feminist mother poet warrior.

Welcher Satz ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

Aus dem Gedicht “A Litany for Survival”:

“and when we speak we are afraid
our words will not be heard
nor welcomed
but when we are silent
we are still afraid.

So it is better to speak
remembering
we were never meant to survive.”

Nina Wittmann empfiehlt:

Untenrum frei
von Margarete Stokowski

Rowohlt Verlag, Hamburg 2016
Sachbuch

Nina empfiehlt dieses Buch, weil es ihrer Meinung nach zur Allgemeinbildung gehören sollte. Es lässt die Leser*innen verstehen und fühlen, was Feminismus ist und was Feminismus will. Stokowskis Buch ist unfassbar klug, sehr reflektiert, immer wieder wunderbar komisch und vor allem: ehrlich und direkt. Es geht um Sex und sexuelle Aufklärung, Liebe, Gleichberechtigung, strukturelle Diskriminierung uvm. Dabei wird deutlich, was wahrer Feminismus immer auch sein muss: nämlich antirassistisch und antiklassistisch.

Welcher Satz ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

„Sie sagen, dass wir von Hass getrieben sind, weil sie sich wundern, dass da Frauen mal keine Harmonie und Liebe versprühen, sondern Forderungen haben. Aber Wut ist nicht dasselbe wie Hass. Hass will Zerstörung, Wut will Veränderung.“

„Für mich bedeutet Feminismus, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Sexualität und ihrem Körper dieselben Rechte und Freiheiten haben sollen. […] Deswegen ist Feminismus kein Projekt, das man unabhängig von anderen Entwicklungen für sich genommen durchziehen kann: Rassismus, Klassenunterdrückung, alles gehört zusammen – und zusammen weg.“

Ich bin Linus
von Linus Giese

Rowohlt Verlag, Hamburg 2020
Autobiografie

Nina empfiehlt dieses Buch, weil es eindrücklich und auf sehr persönliche Weise deutlich macht, dass der Besitz eines Penis oder einer Vagina rein gar nichts über das Geschlecht eines Menschen aussagt. 
Mit 31 Jahren hat Linus Giese zum ersten Mal ausgesprochen, dass er ein Mann und trans ist. In seinem Buch berichtet er von seinem Weg dorthin, von all dem Positiven, was ihm seitdem passiert ist, von Solidarität, die er erfahren hat, aber auch von bürokratischen Hürden und transphoben Begegnungen. Um es mit Margarete Stokowskis Worten zu sagen: „Ich sage das nicht oft, aber: Hören Sie diesem Mann zu.“

Welcher Satz ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

„Mein Leben ist ein andauerndes Coming-out – ich muss mich immer wieder erklären. […] Wenn ich sage, dass ich ein trans Mann bin, gibt es ganz unterschiedliche Reaktionen: Am angenehmsten ist mir das unaufgeregte Verständnis. Doch es gibt auch peinlich berührtes Schweigen, Unsicherheit, Überforderung, Neugier oder übergriffige Nachfragen. ‘Hattest du schon die OP? Wie ist dein Zeitplan für die Umwandlung? Bist du dir sicher, dass du nicht einfach nur eine burschikose Frau mit kurzen Haaren bist? Und die häufigste Frage: Seit wann weiß du denn, dass du trans bist?’“

Desintegriert Euch!

von Max Czollek

Hanser Verlag, München 2018

Sachliteratur

Nina empfiehlt dieses Buch aus so vielen Gründen. Es ist wichtig. Es ist unglaublich klug. Es ist wütend. Es ist radikal. Es irritiert.
Max Czollek beschreibt präzise, beinahe sezierend das Verhältnis der deutschen Gesellschaft zur jüdischen Minderheit aus einer jüdischen Perspektive. Dieses Verhältnis bezeichnet er mit dem Begriff des ‚Gedächtnistheater‘, den der Soziologe Y. Michael Bodemann geprägt hat. Czollek schlägt ein Gesellschaftsmodell der Desintegration vor, das die Möglichkeit „neovölkischer Vorstellungen“ im Sinne von „ethnischer Homogenität und kultureller Dominanz“ unmöglich macht.
Lest dieses Buch!

Welcher Satz ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?
„Es ist eine Qualität der Rachekunst, dass sie die auf den ersten Blick destruktive jüdische Rache nicht delegitimiert, sondern sie für eine gegenwärtige jüdische Selbstbestimmung nutzt. Rachekunst ist Gegenwartsbewältigung. Zugleich birgt die Anknüpfung an den Topos der Rache auch für die jüdische Seite eine fundamental destabilisierende Dimension. Denn mit der Preisgabe der Position des guten Opfers wird das jüdische Subjekt seiner selbst als fragmentiert, abgründig und instabil bewusst. […] Weil die deutsch-jüdische Interaktion nicht nur das deutsche Selbstbild stabilisiert, sondern auch der jüdischen Seite eine stabile und eindeutige Position bereitstellt, überschreitet der Bezug auf die jüdische Rache nicht nur die Rollenzuschreibung im Gedächtnistheater, sondern auch das Selbstverständnis vieler Juden und Jüdinnen. Der Versuch der Stabilisierung der eigenen, vielfach erschütterten jüdischen Identität mag ein weiterer Grund dafür sein, warum sich Juden und Jüdinnen immer wieder mit den Zuschreibungen an sie identifizieren. […] Die Entdeckung der Rachekunst hilft dabei, diese verinnerlichten Klischees zu bearbeiten – und das ist Voraussetzung für die wirkungsvolle Kritik am Gedächtnistheater.“

Evelyn Friedl empfiehlt:

Nasengruß & Wangenkuss
von Linus Giese

Fischer Sauerländer Verlag, Frankfurt/Main 2017
Sachbilderbuch

Evy empfiehlt dieses Buch, weil es ihrer Meinung nach auf bedeutende Fragen einfache Antworten gibt und dank der Themenfülle nicht nur für die Kleinen unserer Gesellschaft neue Impulse zum Nachdenken und Nachfragen setzt. Die vielen bezaubernden Bilder und kurzen Texte zeigen, wie schön und bereichernd wir Menschen in all unserer Vielfältigkeit sind. Eines sollte man sich allerdings beim (Vor-)Lesen dieses Buches bewusst sein: Es wird aus einer eurozentrischen Perspektive heraus erzählt. Außerdem gibt es auch eine Illustration, die Evy nicht vertreten kann, da sie i.E. nach Vorurteile reproduziert. Dennoch sieht sie in „Nasengruß & Wangenkuss“ ein sehr kluges und erhellendes Sachbilderbuch.

Welcher Satz ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

“Es gibt viele verschiedene Kulturen auf der Welt und genauso viele Arten, mit einer Situation umzugehen. Wenn jemand etwas anders macht als du, heißt das nicht, dass derjenige es falsch macht. Es heißt nur, dass er es anders gelernt hat.”

“Ich so du so”
von Linus Giese

Beltz & Gelberg, Weinheim 2017
Sachbuch

Evy empfiehlt dieses bunte Sammelsurium an Comicstrips, Fotos, Collagen sowie lustige und nachdenklichen Textbeiträgen und Geschichten. Dieses Buch lädt zum Stöbern, Nachdenken, Lachen, Diskutieren und Sich-Austauschen ein. Es regt zu mehr Offenheit, Toleranz und Akzeptanz seiner Mitmenschen, aber vor allem auch sich selbst gegenüber an. Eine wahre Stütze zur Identitätsfindung für Kinder!

Welcher Satz ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

“Wären wir alle gleich – wie langweilig wäre das Leben!”

“Wenn Lisa wütend ist”

Ein Buch von Heinz Janisch und Manuela Olten

Beltz & Gelberg, Weinheim 2015

Sachbuch

Evy empfiehlt dieses Buch, weil es der jungen Protagonistin erlaubt ist, sich ihrer Wut mit allen Sinnen hinzugeben und auf diese Weise lernt mit ihr umzugehen. Leider wird in unserer Gesellschaft Kindern – und vor allem Mädchen – allzu oft das Gefühl der Wut abtrainiert oder abgesprochen, wobei es doch so ein wichtiges und gesundes Gefühl ist. Es dient uns Menschen als wichtiger Indikator dafür, ob unsere Bedürfnisse vernachlässigt werden oder gar persönliche Grenzen übertreten werden. Wut ist ein starkes Gefühl, das nicht erstickt werden will, sondern raus muss und darf! Das Buch vermittelt genau dies und bietet vielerlei Gesprächsanlässe über die eigene Wut und empowered so unsere Kinder.

Welcher Satz ist dir besonders in Erinnerung geblieben?
„Wenn Lisa so wütend ist, dass sie es nicht mehr aushält, dann muss sie ganz laut schreien. Sie schreit so lange, bis es ihre ganze Wut in der Luft zerreißt wie ein Blatt Papier.“

 

Habt Ihr auch Empfehlungen oder gewünschte Themen für unsere „Unendliche Lebenswelten” Buchtipps? Dann schreibt uns einfach eine E-Mail an kkt@kkt-stuttgart.de.

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